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Michal Yakir im Interview mit Vatsala Sperling

 Von Vatsala Sperling

Michal Yakir ist Botanikerin, Dozentin der Homöopathie und Autorin von Die wundersame Ordnung der Pflanzen – Die Pflanzentabelle in der Homöopathie. Sie hat eine umfassende homöopathische Systematik des Pflanzenreichs ausgearbeitet, welche sich an den Entwicklungsstadien des Menschen orientiert.

„Die Geschichte, die die Menschen uns erzählen, ist die Geschichte von der Reise ihrer Seele…“ Michal Yakir

 

VS: Dr. Michal Yakir, vielen Dank, dass Sie hier sind. Sie haben ein monumentales Werk über die Pflanzen geschrieben. Haben Sie die Erfahrung gemacht, dass die Pflanzenmittel in bestimmten Situationen besonders gut geeignet sind?

 

MY: Für mich sind Menschen keine Pflanzen, Tiere oder Minerale. Menschen sind Menschen. Wenn Menschen krank sind, drücken sie das durch Symptome aus, die mit einem Mittel aus einer dieser Gruppen geheilt werden können. Im gesunden Zustand sind sie einfach nur Menschen. Ich vertrete nicht die Ansicht, dass es für jeden Menschen nur ein Simillimum gibt, das ihm sein ganzes Leben über helfen wird. Manchmal brauchen die Leute im Laufe ihres Lebens drei, vier oder auch mehr Arzneien. Wenn ich eine Anamnese mache, frage ich einfach ‚Was stört Sie im Moment?‘. Ich versuche zu verstehen, was diesen Menschen in diesem Moment davon abhält, sich weiterzuentwickeln. Ich fokussiere darauf, die Symptome zu dokumentieren, ganz so, wie Kent und Hahnemann es taten. Ich sehe einen Menschen nicht als Pflanze, Mineral oder Tier. Er ist einfach ein Mensch, der ein Mittel aus einem dieser Naturreiche benötigt.

 

VS: in Ihren Seminaren und in Ihrem Buch ‚Die wundersame Ordnung der Pflanzen – Die Pflanzentabelle in der Homöopathiebeschreiben Sie die verschiedenen Stadien der Entwicklung und ordnen die Pflanzen in ein Koordinatensystem ein, in Spalten und Reihen, ähnlich wie im Periodensystem der Elemente. Wie hilft uns diese Anordnung bei der Mittelfindung?

 

MY: Das Bedürfnis nach Ordnung ist zutiefst menschlich. Ein Periodensystem hat zwei Vektoren. An jeder Schnittstelle dieser beiden Vektoren können wir ein oder mehrere Arzneimittel platzieren. Die Pflanzen werden anhand ihrer Eigenschaften und Merkmale an diesen Schnittstellen eingeordnet. Das zweidimensionale Gitter macht es einfacher für uns, die Pflanzen zuzuordnen und anzuwenden. Die Platzierung der Pflanzen entspricht jeweils einem bestimmten Entwicklungsstadium des Menschen. Die Schnittstellen zwischen Spalten und Reihen sind Hinweise auf die Themen, die wir in unserer Entwicklung als Mensch durchlaufen. Schon während des Anamnesegesprächs versuche ich aus der Erzählung des Patienten ein für ihn wichtiges Thema zu erkennen und zu schauen, an welche Stelle in der Tabelle das passen könnte. Gleichzeitig suche ich das entsprechende Thema in den botanischen Familien. Außerdem schaue ich mir die botanischen Ordnungen an, denen die Pflanzenfamilien angehören. Es ist vergleichbar mit dem Periodensystem der Elemente. Auch die Thematik der menschlichen Entwicklung entspricht der zunehmenden Komplexität der Elemente in den verschiedenen Reihen und Spalten.

Bei den Pflanzen, Mineralen und Tieren gibt es Überschneidungen, weil sie alle nach festen Naturgesetzen entstanden sind. Unsere Materia Medica unterliegt den gleichen Gesetzmäßigkeiten und ist deswegen auch nach einer bestimmten Logik aufgebaut. Zwischen dem Pflanzenreich und den Mineralen gibt es zwar Überschneidungen, aber wir können sie nicht eins zu eins übertragen. Im Periodensystem der Elemente gibt es nur 118 Elemente, in der Pflanzentabelle wurden aber Tausende von Pflanzen kategorisiert. Schon allein aus diesem Grund kann man die Pflanzen nicht eins zu eins den Mineralen zuordnen. In der Pflanzentabelle liegt der Schwerpunkt auf den botanischen Familien und Ordnungen und hier gibt es Ähnlichkeiten mit den Themen der Elemente aus dem Periodensystem.

 

VS: Was hat Sie inspiriert, die Pflanzenmittel zu studieren und zu ordnen?

 

MY: Als Jugendliche musste ich meinen Militärdienst in der Gärtnerei eines Kibbutz absolvieren. Da habe ich mich in die Pflanzen verliebt. Danach ging ich an die Universität und machte meinen Abschluss in Botanik und Ökologie. Ich wollte mein Wissen für andere Menschen einsetzen und studierte deshalb die Homöopathie. Das war vor 30 Jahren, damals unterrichteten Jeremy Sherr und Jan Scholten in Israel. Ich konnte die Logik des Periodensystems nachvollziehen und als Botanikerin wusste ich instinktiv, dass es bei den Pflanzen auch eine Logik geben musste. Ich habe dann begonnen, die Pflanzen und die Homöopathie genauer unter die Lupe zu nehmen und habe Stück für Stück Informationen über die Pflanzen zusammengetragen. Es dauerte 15 Jahre bis ich alle Informationen zu einem kohärenten System zusammengefasst hatte, in dem die Arzneiwirkung der Pflanzen harmonisch mit den botanischen und ökologischen Merkmalen übereinstimmen.

Um Ihre Frage zu beantworten – ich wurde von meiner Liebe zu den Pflanzen inspiriert und meinem Wunsch, mein Wissen zum Wohle der Menschen einzusetzen. Als ich begann, diese Klassifizierung der Pflanzen zu unterrichten, bekam ich sehr viel Feedback von meinen Schülern und mir kam die Idee, alles in einem Buch zusammenzufassen. Im hebräischen Original erscheint das Buch bereits in der 7. Auflage. Das erste Buch hatte 85 Seiten, die 7. Auflage umfasst 450 Seiten. Im Englischen ist es ein 850 Seiten dicker Wälzer.

 

VS: Inwiefern können Pflanzen die Entwicklung des Menschen widerspiegeln?

 

MY: Pflanzen entwickeln sich nicht nur nach den Gesetzen der Natur, sondern machen die Entwicklung der Erde selbst und aller ihrer Lebensformen erst möglich. Unser Universum ist in der Form einer Spirale entstanden und folgt gewissen Naturgesetzen, nämlich den spirituellen Gesetzen der Schöpfung. Evolution findet langsam statt, eine schrittweise Entwicklung, die sich über Millionen von Jahren erstreckt. Die Dinge werden geboren und reifen heran. Dann werden sie zu einer Plattform, auf der neues Leben entsteht, heranwächst und reift. Diese Entwicklung geht immer und immer weiter, es ist kontinuierlicher Prozess… erst kommen die Minerale, dann einfache Lebensformen, schließlich entstehen einfache Pflanzen, Pilze und Tiere, bis die Lebensformen ganz allmählich immer komplexer werden. Deswegen können alle Lebensformen von anderen Lebensformen Unterstützung und Hilfe bekommen, weil sie alle ein Teil der Schöpfung sind.

Die Naturgesetze, aus denen diese Lebensformen hervorgehen, berücksichtigen auch den Aspekt des Geschlechts, also die weiblichen oder männlichen Anteile der Ursubstanz. Das ist einer der Unterschiede zwischen Mineralen und Pflanzen. Minerale haben, soweit wir wissen, keine Sexualität. Pflanzen haben eine Sexualität und die gesamte Pflanzentabelle bewegt sich zwischen den weiblichen und männlichen Prinzipien. Sie gründet auf dem Wechselspiel dieser beiden schöpferischen Kräfte und den Emotionen, die sie auslösen. Am Anfang der Schöpfung war das weibliche Prinzip dominant, denn es war beweglich genug, um die männliche Kraft anzunehmen und zu empfangen. Das maskuline Element dagegen steht für Härte, Barrieren und Abgrenzung. Die Pflanzenmittel verkörpern diese zwei schöpferischen Kräfte, weil sie im Grunde genommen aus dem Zusammenspiel dieser beiden Mächte entstanden sind. Die Pflanzenmittel können deswegen helfen, Themen zu lösen, bei denen es um einen Überschuss oder Mangel an Weiblichkeit oder Männlichkeit geht.

Genau wie sich die Pflanzen von der einfachen bis zur komplexen Form entwickelt haben, entwickelt sich der Mensch von dem vorgeburtlichen Stadium bis hin ins hohe Alter. In diesem Entwicklungszeitraum kann man das Wechselspiel und die Ausdrucksformen der weiblichen und der männlichen Kräfte sehr deutlich sehen, so wie man sie auch in der Entstehungsgeschichte der Pflanzen beobachten kann.

 

VS: Um noch einmal die zunehmende Komplexität der Pflanzen aufzugreifen, welches Klassifizierungssystem wenden Sie in Ihrer Tabelle an?

 

MY: Meine Pflanzentabelle orientiert sich an den morphologischen Merkmalen der Pflanzen im Gegensatz zu der genotypischen Klassifizierung.

 

VS: Wie können wir das neue Verständnis von den Pflanzen und den pflanzlichen Arzneimitteln anhand dieser Tabelle in der Praxis anwenden?

 

MY: Die Pflanzentabelle hilft uns in der praktischen Anwendung sehr. Es ist ein Ansatz, der alle Entwicklungsprozesse, die wir kennen, vereint – persönliche, zwischenmenschliche, soziale und sogar die kulturellen Aspekte, die wir beim Menschen beobachten können. Dieser Ansatz berücksichtigt auch die Chakren und den mythologischen Entstehungsprozess. All diese Entwicklungsprozesse können als kontinuierliche Prozesse betrachtet werden und das hilft uns, einen Fall in seiner Totalität zu verstehen.

Man nimmt den Fall auf, platziert die Themen an der entsprechenden Stelle der Pflanzentabelle und sofort weiß man, wo dieser Fall begonnen hat, wie er sich entwickelt und wohin er gehen wird. Ich habe das selbst beobachten können, sogar in Fällen, in denen ich ein sehr kleines und ziemlich unbekanntes Mittel verschreiben musste. Weil die Pflanzentabelle alle Aspekte der Entwicklung, die ich gerade erwähnte, abdeckt, kann ich einen Fall, in dem ein bestimmtes kleines Mittel angezeigt ist, auch in seiner Gesamtheit verstehen. Obwohl es in einem Fall vielleicht nur sehr einfache und spärliche Informationen gibt und das entsprechende Arzneimittelbild nur unvollständig ist und es keine Arzneimittelprüfung gibt, kann die Platzierung dieses Arzneimittels in der Tabelle helfen, die Informationslücke zu schließen. In der Tabelle finden wir nämlich auch Informationen über die botanische Familie und die Ordnung, zu der dieses kleine Mittel gehört. Diese ausführlichen Informationen helfen uns, den Fall in seiner Totalität zu verstehen und eine tieferes Verständnis zu gewinnen für die psychologischen Aspekte eines Patienten, sein Leben, seine Geschichte und die Heilung, die er braucht. Die Informationen lassen sich ableiten, indem wir mithilfe der Pflanzentabelle schauen, in welches Entwicklungsstadium die entsprechende Ordnung/Familie passt.

Wenn wir unser eigenes Verständnis vertiefen und uns einen inklusiveren Blick auf die Pflanzen in den verschiedenen Stadien der Entwicklung aneignen, bleibt die Geschichte hinter dem Patienten nicht mehr einfach nur ein großes Rätsel. Die Geschichte spiegelt dann die Entwicklung des Menschen wider und kann der Evolution der Pflanzen zugeordnet werden, wie in meiner Tabelle beschreiben.

 

Über Vatsala Sperling:

Vatsala Sperling RSHom (NA), CCH, MS, PhD, PDHom, war Leiterin der Abteilung für klinische Mikrobiologie am Kinderhospital in Chennai, Indien, wo sie extensiv forschte und Projekte mit der WHO in Dänemark durchführte. Nach ihrem Umzug in die USA, um dort eine Familie zu gründen, erlernte sie die Homöopathie an dem homöopathischen Institut Micha Norlands. Sie ist Autorin von acht Büchern (www.InnerTraditions.com) und hat zahlreiche Artikel über Homöopathie, Spiritualität und Gesundheit veröffentlicht. Vatsala praktiziert in Vermont und bildet sich u.a. bei Drs. Bhayisha und Sachindra Joshi fort. Sie engagierte sich für die North American Society of Homeopaths und arbeitet zurzeit ehrenamtlich für den Council for Homeopathy Certification. Sie kann über ihre Homepage www.Rochesterhomeopathy.com kontaktiert werden.

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Originally published in www.hpathy.com : Homeopathy 4 Everyone, May 2018

Michal Yakir im Interview mit Vatsala Sperling

 Von Vatsala Sperling

Michal Yakir ist Botanikerin, Dozentin der Homöopathie und Autorin von Die wundersame Ordnung der Pflanzen – Die Pflanzentabelle in der Homöopathie. Sie hat eine umfassende homöopathische Systematik des Pflanzenreichs ausgearbeitet, welche sich an den Entwicklungsstadien des Menschen orientiert.

„Die Geschichte, die die Menschen uns erzählen, ist die Geschichte von der Reise ihrer Seele…“ Michal Yakir

 

VS: Dr. Michal Yakir, vielen Dank, dass Sie hier sind. Sie haben ein monumentales Werk über die Pflanzen geschrieben. Haben Sie die Erfahrung gemacht, dass die Pflanzenmittel in bestimmten Situationen besonders gut geeignet sind?

 

MY: Für mich sind Menschen keine Pflanzen, Tiere oder Minerale. Menschen sind Menschen. Wenn Menschen krank sind, drücken sie das durch Symptome aus, die mit einem Mittel aus einer dieser Gruppen geheilt werden können. Im gesunden Zustand sind sie einfach nur Menschen. Ich vertrete nicht die Ansicht, dass es für jeden Menschen nur ein Simillimum gibt, das ihm sein ganzes Leben über helfen wird. Manchmal brauchen die Leute im Laufe ihres Lebens drei, vier oder auch mehr Arzneien. Wenn ich eine Anamnese mache, frage ich einfach ‚Was stört Sie im Moment?‘. Ich versuche zu verstehen, was diesen Menschen in diesem Moment davon abhält, sich weiterzuentwickeln. Ich fokussiere darauf, die Symptome zu dokumentieren, ganz so, wie Kent und Hahnemann es taten. Ich sehe einen Menschen nicht als Pflanze, Mineral oder Tier. Er ist einfach ein Mensch, der ein Mittel aus einem dieser Naturreiche benötigt.

 

VS: in Ihren Seminaren und in Ihrem Buch ‚Die wundersame Ordnung der Pflanzen – Die Pflanzentabelle in der Homöopathiebeschreiben Sie die verschiedenen Stadien der Entwicklung und ordnen die Pflanzen in ein Koordinatensystem ein, in Spalten und Reihen, ähnlich wie im Periodensystem der Elemente. Wie hilft uns diese Anordnung bei der Mittelfindung?

 

MY: Das Bedürfnis nach Ordnung ist zutiefst menschlich. Ein Periodensystem hat zwei Vektoren. An jeder Schnittstelle dieser beiden Vektoren können wir ein oder mehrere Arzneimittel platzieren. Die Pflanzen werden anhand ihrer Eigenschaften und Merkmale an diesen Schnittstellen eingeordnet. Das zweidimensionale Gitter macht es einfacher für uns, die Pflanzen zuzuordnen und anzuwenden. Die Platzierung der Pflanzen entspricht jeweils einem bestimmten Entwicklungsstadium des Menschen. Die Schnittstellen zwischen Spalten und Reihen sind Hinweise auf die Themen, die wir in unserer Entwicklung als Mensch durchlaufen. Schon während des Anamnesegesprächs versuche ich aus der Erzählung des Patienten ein für ihn wichtiges Thema zu erkennen und zu schauen, an welche Stelle in der Tabelle das passen könnte. Gleichzeitig suche ich das entsprechende Thema in den botanischen Familien. Außerdem schaue ich mir die botanischen Ordnungen an, denen die Pflanzenfamilien angehören. Es ist vergleichbar mit dem Periodensystem der Elemente. Auch die Thematik der menschlichen Entwicklung entspricht der zunehmenden Komplexität der Elemente in den verschiedenen Reihen und Spalten.

Bei den Pflanzen, Mineralen und Tieren gibt es Überschneidungen, weil sie alle nach festen Naturgesetzen entstanden sind. Unsere Materia Medica unterliegt den gleichen Gesetzmäßigkeiten und ist deswegen auch nach einer bestimmten Logik aufgebaut. Zwischen dem Pflanzenreich und den Mineralen gibt es zwar Überschneidungen, aber wir können sie nicht eins zu eins übertragen. Im Periodensystem der Elemente gibt es nur 118 Elemente, in der Pflanzentabelle wurden aber Tausende von Pflanzen kategorisiert. Schon allein aus diesem Grund kann man die Pflanzen nicht eins zu eins den Mineralen zuordnen. In der Pflanzentabelle liegt der Schwerpunkt auf den botanischen Familien und Ordnungen und hier gibt es Ähnlichkeiten mit den Themen der Elemente aus dem Periodensystem.

 

VS: Was hat Sie inspiriert, die Pflanzenmittel zu studieren und zu ordnen?

 

MY: Als Jugendliche musste ich meinen Militärdienst in der Gärtnerei eines Kibbutz absolvieren. Da habe ich mich in die Pflanzen verliebt. Danach ging ich an die Universität und machte meinen Abschluss in Botanik und Ökologie. Ich wollte mein Wissen für andere Menschen einsetzen und studierte deshalb die Homöopathie. Das war vor 30 Jahren, damals unterrichteten Jeremy Sherr und Jan Scholten in Israel. Ich konnte die Logik des Periodensystems nachvollziehen und als Botanikerin wusste ich instinktiv, dass es bei den Pflanzen auch eine Logik geben musste. Ich habe dann begonnen, die Pflanzen und die Homöopathie genauer unter die Lupe zu nehmen und habe Stück für Stück Informationen über die Pflanzen zusammengetragen. Es dauerte 15 Jahre bis ich alle Informationen zu einem kohärenten System zusammengefasst hatte, in dem die Arzneiwirkung der Pflanzen harmonisch mit den botanischen und ökologischen Merkmalen übereinstimmen.

Um Ihre Frage zu beantworten – ich wurde von meiner Liebe zu den Pflanzen inspiriert und meinem Wunsch, mein Wissen zum Wohle der Menschen einzusetzen. Als ich begann, diese Klassifizierung der Pflanzen zu unterrichten, bekam ich sehr viel Feedback von meinen Schülern und mir kam die Idee, alles in einem Buch zusammenzufassen. Im hebräischen Original erscheint das Buch bereits in der 7. Auflage. Das erste Buch hatte 85 Seiten, die 7. Auflage umfasst 450 Seiten. Im Englischen ist es ein 850 Seiten dicker Wälzer.

 

VS: Inwiefern können Pflanzen die Entwicklung des Menschen widerspiegeln?

 

MY: Pflanzen entwickeln sich nicht nur nach den Gesetzen der Natur, sondern machen die Entwicklung der Erde selbst und aller ihrer Lebensformen erst möglich. Unser Universum ist in der Form einer Spirale entstanden und folgt gewissen Naturgesetzen, nämlich den spirituellen Gesetzen der Schöpfung. Evolution findet langsam statt, eine schrittweise Entwicklung, die sich über Millionen von Jahren erstreckt. Die Dinge werden geboren und reifen heran. Dann werden sie zu einer Plattform, auf der neues Leben entsteht, heranwächst und reift. Diese Entwicklung geht immer und immer weiter, es ist kontinuierlicher Prozess… erst kommen die Minerale, dann einfache Lebensformen, schließlich entstehen einfache Pflanzen, Pilze und Tiere, bis die Lebensformen ganz allmählich immer komplexer werden. Deswegen können alle Lebensformen von anderen Lebensformen Unterstützung und Hilfe bekommen, weil sie alle ein Teil der Schöpfung sind.

Die Naturgesetze, aus denen diese Lebensformen hervorgehen, berücksichtigen auch den Aspekt des Geschlechts, also die weiblichen oder männlichen Anteile der Ursubstanz. Das ist einer der Unterschiede zwischen Mineralen und Pflanzen. Minerale haben, soweit wir wissen, keine Sexualität. Pflanzen haben eine Sexualität und die gesamte Pflanzentabelle bewegt sich zwischen den weiblichen und männlichen Prinzipien. Sie gründet auf dem Wechselspiel dieser beiden schöpferischen Kräfte und den Emotionen, die sie auslösen. Am Anfang der Schöpfung war das weibliche Prinzip dominant, denn es war beweglich genug, um die männliche Kraft anzunehmen und zu empfangen. Das maskuline Element dagegen steht für Härte, Barrieren und Abgrenzung. Die Pflanzenmittel verkörpern diese zwei schöpferischen Kräfte, weil sie im Grunde genommen aus dem Zusammenspiel dieser beiden Mächte entstanden sind. Die Pflanzenmittel können deswegen helfen, Themen zu lösen, bei denen es um einen Überschuss oder Mangel an Weiblichkeit oder Männlichkeit geht.

Genau wie sich die Pflanzen von der einfachen bis zur komplexen Form entwickelt haben, entwickelt sich der Mensch von dem vorgeburtlichen Stadium bis hin ins hohe Alter. In diesem Entwicklungszeitraum kann man das Wechselspiel und die Ausdrucksformen der weiblichen und der männlichen Kräfte sehr deutlich sehen, so wie man sie auch in der Entstehungsgeschichte der Pflanzen beobachten kann.

 

VS: Um noch einmal die zunehmende Komplexität der Pflanzen aufzugreifen, welches Klassifizierungssystem wenden Sie in Ihrer Tabelle an?

 

MY: Meine Pflanzentabelle orientiert sich an den morphologischen Merkmalen der Pflanzen im Gegensatz zu der genotypischen Klassifizierung.

 

VS: Wie können wir das neue Verständnis von den Pflanzen und den pflanzlichen Arzneimitteln anhand dieser Tabelle in der Praxis anwenden?

 

MY: Die Pflanzentabelle hilft uns in der praktischen Anwendung sehr. Es ist ein Ansatz, der alle Entwicklungsprozesse, die wir kennen, vereint – persönliche, zwischenmenschliche, soziale und sogar die kulturellen Aspekte, die wir beim Menschen beobachten können. Dieser Ansatz berücksichtigt auch die Chakren und den mythologischen Entstehungsprozess. All diese Entwicklungsprozesse können als kontinuierliche Prozesse betrachtet werden und das hilft uns, einen Fall in seiner Totalität zu verstehen.

Man nimmt den Fall auf, platziert die Themen an der entsprechenden Stelle der Pflanzentabelle und sofort weiß man, wo dieser Fall begonnen hat, wie er sich entwickelt und wohin er gehen wird. Ich habe das selbst beobachten können, sogar in Fällen, in denen ich ein sehr kleines und ziemlich unbekanntes Mittel verschreiben musste. Weil die Pflanzentabelle alle Aspekte der Entwicklung, die ich gerade erwähnte, abdeckt, kann ich einen Fall, in dem ein bestimmtes kleines Mittel angezeigt ist, auch in seiner Gesamtheit verstehen. Obwohl es in einem Fall vielleicht nur sehr einfache und spärliche Informationen gibt und das entsprechende Arzneimittelbild nur unvollständig ist und es keine Arzneimittelprüfung gibt, kann die Platzierung dieses Arzneimittels in der Tabelle helfen, die Informationslücke zu schließen. In der Tabelle finden wir nämlich auch Informationen über die botanische Familie und die Ordnung, zu der dieses kleine Mittel gehört. Diese ausführlichen Informationen helfen uns, den Fall in seiner Totalität zu verstehen und eine tieferes Verständnis zu gewinnen für die psychologischen Aspekte eines Patienten, sein Leben, seine Geschichte und die Heilung, die er braucht. Die Informationen lassen sich ableiten, indem wir mithilfe der Pflanzentabelle schauen, in welches Entwicklungsstadium die entsprechende Ordnung/Familie passt.

Wenn wir unser eigenes Verständnis vertiefen und uns einen inklusiveren Blick auf die Pflanzen in den verschiedenen Stadien der Entwicklung aneignen, bleibt die Geschichte hinter dem Patienten nicht mehr einfach nur ein großes Rätsel. Die Geschichte spiegelt dann die Entwicklung des Menschen wider und kann der Evolution der Pflanzen zugeordnet werden, wie in meiner Tabelle beschreiben.

 

Über Vatsala Sperling:

Vatsala Sperling RSHom (NA), CCH, MS, PhD, PDHom, war Leiterin der Abteilung für klinische Mikrobiologie am Kinderhospital in Chennai, Indien, wo sie extensiv forschte und Projekte mit der WHO in Dänemark durchführte. Nach ihrem Umzug in die USA, um dort eine Familie zu gründen, erlernte sie die Homöopathie an dem homöopathischen Institut Micha Norlands. Sie ist Autorin von acht Büchern (www.InnerTraditions.com) und hat zahlreiche Artikel über Homöopathie, Spiritualität und Gesundheit veröffentlicht. Vatsala praktiziert in Vermont und bildet sich u.a. bei Drs. Bhayisha und Sachindra Joshi fort. Sie engagierte sich für die North American Society of Homeopaths und arbeitet zurzeit ehrenamtlich für den Council for Homeopathy Certification. Sie kann über ihre Homepage www.Rochesterhomeopathy.com kontaktiert werden.

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