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Gymnocladus canadensis: Das Leben ist kein Vergnügen

von Maarten van de Meer

 

Ein vierzehnjähriger Junge klagt über Husten und Müdigkeit. Er ist im vergangenen Jahr sehr gewachsen, hat an Größe und Gewicht zugenommen. Jetzt ist er 1,80m groß und kräftig gebaut. Seit einigen Wochen hustet er und es wird immer schlimmer. Der Husten kommt anfallsweise, wobei er immer beinahe erbrechen muss. Der Hausarzt hat Ventolin und Flixotide verschrieben, was geholfen hat. Vor zwei Jahren hatte er Keuchhusten und war ständig müde. Er saß nur tatenlos auf dem Sofa herum. Seit seiner Kindheit hatte er mit Atemproblemen zu tun, vor allem mit einer verstopften Nase. Wenn er Fieber hat, bekommt er Nasenbluten.

Falldarstellung

Während der Konsultation trägt er nicht viel zum Gespräch bei, sondern lässt seine Mutter reden, während er nur dasitzt und auf eine neutrale, aber nicht unfreundliche Art zuhört. Seine Mutter sagt: „Er liegt immer auf dem Sofa, rollt sich in einer Embryo-Haltung zusammen oder stützt den Kopf in die Hände. Er schleppt sich die Treppen hinauf, alles ist ihm „zu viel“. Obwohl er so krank und müde ist, will er in die Schule gehen und sagt: „Ich will diese Klausur mitschreiben.“ Er zwingt sich zu allem, aber sobald die dringendsten Sachen erledigt sind, kollabiert er. Zu Hause faulenzt er nur herum. Er spielt gerne Rugby und möchte ein guter Spieler sein. Er geht weiterhin in die Schule, obwohl er wie ein Kartoffelsack auf dem Sofa herum hängt, bevor er morgens losgeht, aber er beklagt sich nie. Er will immer hin gehen, nicht nur aus der Routine heraus, sondern von sich aus, und er möchte es nicht soweit kommen lassen, dass man ihn dazu drängen muss. Er geht sogar dann noch zur Schule, wenn er akut krank ist: „Ich gehe hin und wenn es mir nicht gut geht, werde ich trotzdem nicht nach Hause gehen. Wenn ich schon in der Schule bin, dann will ich auch nicht vorzeitig heimgehen.“


Alles, was er tut, ist von tiefen Seufzern begleitet: „Es geht mir nicht gut.“ Morgens fühlt er sich schlechter, und er steigt so ungelenkig aus dem Bett, als ob er aus Holz wäre. Wenn er sich etwas bewegt hat, lässt seine Konzentration nach und er lässt sich ablenken. Er fängt immer wieder von vorne an.

Seine Mutter beschreibt ihn so: „Sein Kopf ist so schwer. Immer muss er den Kopf aufstützen, egal wo er sich befindet. Manchmal hat er Kopfschmerzen, die sich anfühlen, als ob Stacheln in seine Schädeldecke stechen würden, und ihm ist dann auch schwindelig.“

Er ist ein ruhiger, aufmerksamer und selbstgenügsamer Junge. Er sucht nach einfachen Lösungen, ist sehr direkt, und gebraucht sprachlich wenig Adjektive, seine Sprache ist eher schnörkellos. Zu Hause fällt seine Resignation auf: „Es ist zu anstrengend, herum zu albern oder sich zu wehren. Mir macht das alles keinen Spaß, aber ich tue, was getan werden muss.“ Konfrontationen mit seinen Eltern geht er aus dem Weg; man sieht, dass er nach anderen Lösungen sucht; aber meistens tut er das, was er soll, weil es viel zu viel Energie kosten würde, sich zu widersetzen. Er ist sehr sozial, vertraut anderen Menschen und hat die Gabe, zwischen anderen Menschen zu vermitteln. Manchmal kann er ziemlich wütend werden, ohne genau zu wissen warum.

Analyse


Fabacea - Centrosema plumieri
Seine Hauptbeschwerde ist die Müdigkeit, ähnlich wie beim Postviralen Müdigkeitssyndrom nach Mononukleose. Er macht weiter, was er sich vorgenommen hat, auch wenn es ihm schwer fällt. Sozial ist er gut angepasst und findet seine eigenen Lösungen. Er hat einen stabilen Körperbau und ein unkompliziertes Verhalten. Dies alles weist auf ein Arzneimittel aus der Ordnung der Fabales (Schmetterlingsblütenartige) hin, aber auf welches?

Sein schwerer Kopf, in der Literatur in der Rubrik: „Kopf, Verlangen an etwas anzulehnen“ beschrieben, ist typisch für das Mittel Gymnocladus. Nasenbluten bei Fieber kennt man von Melilotus, das ebenso wie Indigo auch für spastischen Husten bekannt ist. Ein müder Kopf, Nasenbluten und unkompliziertes Verhalten könnten auch zu Belladonna passen, aber es gibt keine anderen Merkmale für ein Mittel aus der Familie der Solanaceae. Die mentale Müdigkeit ist in der Rubrik „geistige Arbeit unmöglich“ zu finden, wo die Mittel Copaiva, Indigo, Gymnocladus und Melilotus benannt sind. T. Allen hat den Wunsch sich anzulehnen  unter der Rubrik Allgemeines bei Gymnocladus angeführt.

Es gibt einen typischen Umschwung in seinem Verhalten. Er beginnt mit etwas, das gemacht werden muss oder das ihm Spaß macht und ist dann plötzlich vollkommen erledigt. Er versucht, etwas zu erreichen, aber gleichzeitig möchte er nicht behelligt werden. Er weiß, was er will, schafft es aber dann doch nicht oder schiebt es lieber gleich auf. Diese Verhaltensmuster sind mir aus früheren Fällen von Müdigkeit bekannt, die gut auf Gymnocladus reagiert haben.

Verordnung: Gymnocladus canadensis 200 K, Einmalgabe

Follow-ups

Seine Energie steigt an, ebenso wie seine Fähigkeiten im Sport und im Studium. Sein Husten verschwindet, obwohl er vor Rugby-Spielen immer noch Ventolin nimmt. Drei Monate später hat er einen Rückfall. Seine Konzentration verschlechtert sich wieder, er ist reizbar und kommt nicht recht in Schwung. Während der Klausuren in der Schule bekommt er Bauchschmerzen und fragt sich: „Wie soll ich das schaffen?“ Seine Eltern, die ziemlich dominant sind, reagieren verärgert, wenn er in der Schule nicht sein Bestes gibt, doch er setzt alle seine Kräfte für den Sport ein.

Hier kann er immerhin etwas erreichen, das sie nicht geschafft haben, wenn er sich anstrengt und hart arbeitet (Pflicht versus Spaß, ein Fabaceae-Thema). Er meidet Menschen, die sich Regeln und Vorschriften unterwerfen. Er isst massenhaft Sandwiches. Eine Wiederholung des Mittels lässt seinen Energielevel fast sofort ansteigen. Es sieht so aus, dass unter äußerem Druck zu stehen - Eltern, Schule, Arbeit oder soziales Umfeld - und mehr erreichen zu müssen, als man sich zutraut, eine Fabaceae-Indikation sein kann.

Zwei Jahre später, nach einer Gehirnerschütterung im Zusammenhang mit einem Sportunfall, er hat einen weiteren Rückfall. Er ist emotional völlig aus dem Gleichgewicht geraten und fühlt sich wegen seiner schwachen schulischen Leistungen verunsichert. Er kann sich nur eine gewisse Zeit konzentrieren; dann lässt die Konzentration erheblich nach, genauso wie in seiner Kindheit. Er ist körperlich sehr unruhig und läuft im Zimmer hin und her; außerdem stottert er leicht (Stadium 5). Angenehmes und Erfreuliches scheint es in seinem Leben nicht zu geben, aber die „Pflichten“ - Schule und Arbeit bleiben ihm erhalten.

Die Situation ist typisch für diese Lebensphase, aber er erlebt es als „mein Leben macht keinen Spaß; das ist nicht das, was ich mir vorstelle“ (Fabacaeae). Diese Einstellung zieht weitere Beschwerden nach sich. Nach einer Wiederholungsgabe des Mittels kehrt wieder Ruhe ein. Wiederum ein Jahr später beendet eine schwere Verletzung seine sportliche Karriere. Er bekommt Augenprobleme (Akkomodation), die durch Manganum Phosphoricum behoben werden können. Mangan ist ein wichtiger Bestandteil vieler Pflanzen der Fabales-Ordnung und ist ein wichtiges Differentialdiagnose-Kriterium für die ganze Gruppe.

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Foto: www.wikimediacommons.org

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Kategorie: Fälle
Stichwörter: Müdigkeit, Husten, Nasenbluten, Konzentrationsschwierigkeiten
Mittel: Gymnocladus canadensis

 

Gymnocladus canadensis: Das Leben ist kein Vergnügen

von Maarten van de Meer

 

Ein vierzehnjähriger Junge klagt über Husten und Müdigkeit. Er ist im vergangenen Jahr sehr gewachsen, hat an Größe und Gewicht zugenommen. Jetzt ist er 1,80m groß und kräftig gebaut. Seit einigen Wochen hustet er und es wird immer schlimmer. Der Husten kommt anfallsweise, wobei er immer beinahe erbrechen muss. Der Hausarzt hat Ventolin und Flixotide verschrieben, was geholfen hat. Vor zwei Jahren hatte er Keuchhusten und war ständig müde. Er saß nur tatenlos auf dem Sofa herum. Seit seiner Kindheit hatte er mit Atemproblemen zu tun, vor allem mit einer verstopften Nase. Wenn er Fieber hat, bekommt er Nasenbluten.

Falldarstellung

Während der Konsultation trägt er nicht viel zum Gespräch bei, sondern lässt seine Mutter reden, während er nur dasitzt und auf eine neutrale, aber nicht unfreundliche Art zuhört. Seine Mutter sagt: „Er liegt immer auf dem Sofa, rollt sich in einer Embryo-Haltung zusammen oder stützt den Kopf in die Hände. Er schleppt sich die Treppen hinauf, alles ist ihm „zu viel“. Obwohl er so krank und müde ist, will er in die Schule gehen und sagt: „Ich will diese Klausur mitschreiben.“ Er zwingt sich zu allem, aber sobald die dringendsten Sachen erledigt sind, kollabiert er. Zu Hause faulenzt er nur herum. Er spielt gerne Rugby und möchte ein guter Spieler sein. Er geht weiterhin in die Schule, obwohl er wie ein Kartoffelsack auf dem Sofa herum hängt, bevor er morgens losgeht, aber er beklagt sich nie. Er will immer hin gehen, nicht nur aus der Routine heraus, sondern von sich aus, und er möchte es nicht soweit kommen lassen, dass man ihn dazu drängen muss. Er geht sogar dann noch zur Schule, wenn er akut krank ist: „Ich gehe hin und wenn es mir nicht gut geht, werde ich trotzdem nicht nach Hause gehen. Wenn ich schon in der Schule bin, dann will ich auch nicht vorzeitig heimgehen.“


Alles, was er tut, ist von tiefen Seufzern begleitet: „Es geht mir nicht gut.“ Morgens fühlt er sich schlechter, und er steigt so ungelenkig aus dem Bett, als ob er aus Holz wäre. Wenn er sich etwas bewegt hat, lässt seine Konzentration nach und er lässt sich ablenken. Er fängt immer wieder von vorne an.

Seine Mutter beschreibt ihn so: „Sein Kopf ist so schwer. Immer muss er den Kopf aufstützen, egal wo er sich befindet. Manchmal hat er Kopfschmerzen, die sich anfühlen, als ob Stacheln in seine Schädeldecke stechen würden, und ihm ist dann auch schwindelig.“

Er ist ein ruhiger, aufmerksamer und selbstgenügsamer Junge. Er sucht nach einfachen Lösungen, ist sehr direkt, und gebraucht sprachlich wenig Adjektive, seine Sprache ist eher schnörkellos. Zu Hause fällt seine Resignation auf: „Es ist zu anstrengend, herum zu albern oder sich zu wehren. Mir macht das alles keinen Spaß, aber ich tue, was getan werden muss.“ Konfrontationen mit seinen Eltern geht er aus dem Weg; man sieht, dass er nach anderen Lösungen sucht; aber meistens tut er das, was er soll, weil es viel zu viel Energie kosten würde, sich zu widersetzen. Er ist sehr sozial, vertraut anderen Menschen und hat die Gabe, zwischen anderen Menschen zu vermitteln. Manchmal kann er ziemlich wütend werden, ohne genau zu wissen warum.

Analyse


Fabacea - Centrosema plumieri
Seine Hauptbeschwerde ist die Müdigkeit, ähnlich wie beim Postviralen Müdigkeitssyndrom nach Mononukleose. Er macht weiter, was er sich vorgenommen hat, auch wenn es ihm schwer fällt. Sozial ist er gut angepasst und findet seine eigenen Lösungen. Er hat einen stabilen Körperbau und ein unkompliziertes Verhalten. Dies alles weist auf ein Arzneimittel aus der Ordnung der Fabales (Schmetterlingsblütenartige) hin, aber auf welches?

Sein schwerer Kopf, in der Literatur in der Rubrik: „Kopf, Verlangen an etwas anzulehnen“ beschrieben, ist typisch für das Mittel Gymnocladus. Nasenbluten bei Fieber kennt man von Melilotus, das ebenso wie Indigo auch für spastischen Husten bekannt ist. Ein müder Kopf, Nasenbluten und unkompliziertes Verhalten könnten auch zu Belladonna passen, aber es gibt keine anderen Merkmale für ein Mittel aus der Familie der Solanaceae. Die mentale Müdigkeit ist in der Rubrik „geistige Arbeit unmöglich“ zu finden, wo die Mittel Copaiva, Indigo, Gymnocladus und Melilotus benannt sind. T. Allen hat den Wunsch sich anzulehnen  unter der Rubrik Allgemeines bei Gymnocladus angeführt.

Es gibt einen typischen Umschwung in seinem Verhalten. Er beginnt mit etwas, das gemacht werden muss oder das ihm Spaß macht und ist dann plötzlich vollkommen erledigt. Er versucht, etwas zu erreichen, aber gleichzeitig möchte er nicht behelligt werden. Er weiß, was er will, schafft es aber dann doch nicht oder schiebt es lieber gleich auf. Diese Verhaltensmuster sind mir aus früheren Fällen von Müdigkeit bekannt, die gut auf Gymnocladus reagiert haben.

Verordnung: Gymnocladus canadensis 200 K, Einmalgabe

Follow-ups

Seine Energie steigt an, ebenso wie seine Fähigkeiten im Sport und im Studium. Sein Husten verschwindet, obwohl er vor Rugby-Spielen immer noch Ventolin nimmt. Drei Monate später hat er einen Rückfall. Seine Konzentration verschlechtert sich wieder, er ist reizbar und kommt nicht recht in Schwung. Während der Klausuren in der Schule bekommt er Bauchschmerzen und fragt sich: „Wie soll ich das schaffen?“ Seine Eltern, die ziemlich dominant sind, reagieren verärgert, wenn er in der Schule nicht sein Bestes gibt, doch er setzt alle seine Kräfte für den Sport ein.

Hier kann er immerhin etwas erreichen, das sie nicht geschafft haben, wenn er sich anstrengt und hart arbeitet (Pflicht versus Spaß, ein Fabaceae-Thema). Er meidet Menschen, die sich Regeln und Vorschriften unterwerfen. Er isst massenhaft Sandwiches. Eine Wiederholung des Mittels lässt seinen Energielevel fast sofort ansteigen. Es sieht so aus, dass unter äußerem Druck zu stehen - Eltern, Schule, Arbeit oder soziales Umfeld - und mehr erreichen zu müssen, als man sich zutraut, eine Fabaceae-Indikation sein kann.

Zwei Jahre später, nach einer Gehirnerschütterung im Zusammenhang mit einem Sportunfall, er hat einen weiteren Rückfall. Er ist emotional völlig aus dem Gleichgewicht geraten und fühlt sich wegen seiner schwachen schulischen Leistungen verunsichert. Er kann sich nur eine gewisse Zeit konzentrieren; dann lässt die Konzentration erheblich nach, genauso wie in seiner Kindheit. Er ist körperlich sehr unruhig und läuft im Zimmer hin und her; außerdem stottert er leicht (Stadium 5). Angenehmes und Erfreuliches scheint es in seinem Leben nicht zu geben, aber die „Pflichten“ - Schule und Arbeit bleiben ihm erhalten.

Die Situation ist typisch für diese Lebensphase, aber er erlebt es als „mein Leben macht keinen Spaß; das ist nicht das, was ich mir vorstelle“ (Fabacaeae). Diese Einstellung zieht weitere Beschwerden nach sich. Nach einer Wiederholungsgabe des Mittels kehrt wieder Ruhe ein. Wiederum ein Jahr später beendet eine schwere Verletzung seine sportliche Karriere. Er bekommt Augenprobleme (Akkomodation), die durch Manganum Phosphoricum behoben werden können. Mangan ist ein wichtiger Bestandteil vieler Pflanzen der Fabales-Ordnung und ist ein wichtiges Differentialdiagnose-Kriterium für die ganze Gruppe.

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Kategorie: Fälle
Stichwörter: Müdigkeit, Husten, Nasenbluten, Konzentrationsschwierigkeiten
Mittel: Gymnocladus canadensis

 





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