Ulrich Welte ¦
Thallium
SPEKTRUM DER HOMÖOPATHIE
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GOLDSERIE
FALLBEISPIEL 2 für Thallium metallicum: Sehschwäche
nach Retinathrombose
Verschlossener Mann um die siebzig mit sehr markantem Ge-
sicht, man könnte fast meinen, Jack Nicholson säße vor einem.
Er wirkt scharf und gespannt. Er kommt wegen Sehstörungen,
er sehe nicht mehr klar. Er könne nicht fokussieren und erkenne
Dinge nur verzögert. Er hätte vor fast 10 Jahren eine Retina-
thrombose gehabt, bei der damals eine Sauerstofftherapie half,
doch sein Sehvermögen hätte er nicht mehr ganz vollständig
wiedererlangt. Mehr ist anfangs nicht zu erfahren. Die Anam-
nese bleibt rein auf äußere Fakten beschränkt. Nur einmal sagt
er, man werde so oft angelogen.
Er ist in einer ländlichen Gegend in Norddeutschland aufge-
wachsen und hat früher das Vieh auf dem Hof gehütet. Dann
hat er sich selbst hochgearbeitet und ist mit einer Finanzagentur
reich geworden. Er spiele viel Golf und arbeite schon seit Jahren
nicht mehr. Seine Farbvorliebe, wie er spöttisch anmerkt, sei
schon immer blau, 15 C auf der Farbtafel.
Die Hauptbeschwerde sei die Sehkraft, die zudem oft wechsle.
Es gehe ihm nur darum. Punkt. So, nun mach mal, das ist alles,
was du bekommst.
Analyse:
Die Hauptbeschwerde der mangelnden Sehkraft
weist auf die Goldserie hin. Das Misstrauen spricht vor allem
für Stadium 12 und 13. Etwas nicht ganz wiederzuerlangen ist
eher 13. Auch die Thrombose, stagnierender Fluss, könnte als
Stadium 13 interpretiert werden, doch vor allem die Farbe und
die große, spitze, dürre, rechtssteile Handschrift sprechen für
Thallium, denn Mercur liebt dunkelgrün und schreibt kleiner,
geschwungener, beweglicher. Auch das Stadium-13-Lanthanid
Holmium könnte passen, denn er ist ein echter Selfmademensch
und hält wenig von Ärzten, was zu den Lanthaniden passen
kann, doch er schreibt anders als unsere Holmiumpatienten.
So bekommt er kurz entschlossen Thallium LM1, täglich 5 Trop-
fen. Drei Tage nach der ersten Einnahme entsteht ein Lippen-
herpes, den er noch nie hatte. Gleichzeitig wird die Sehkraft
besser, klarer. Er wirkt erfreut, ist überrascht, spricht offener und
hat Hoffnung, dass das Mittel hilft. Nach zwei Monaten geht
es ihm viel besser, das Sehen ist gut, und auch andere Dinge
sind besser geworden, die anfangs zum Teil gar nicht angespro-
chen wurden. So sei sein Karpaltunnelsyndrom besser, die sonst
immer kalten Füße seien warm geworden, und seltsam, er sei
besser geworden im Golfen, spiele nicht mehr so verspannt. Ein
Jahr später geht es ihm richtig gut, das Karpaltunnelsyndrom
sei weg, auch alte Hüftschmerzen seien weg, doch vor einigen
Tagen sei eine leichte Netzhautblutung aufgetreten. Das Mittel
hätte er schon lang nicht mehr genommen, ob er es wieder
nehmen soll? Ja. Seither hat man nichts mehr von ihm gehört.
Also doch eher Holmium? Denn die Lanthanide kommen nicht
wieder zum Arzt, wenn es gut geht. Wozu auch?
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