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SPEKTRUM DER HOMÖOPATHIE

Angelika Bolte und Jörg Wichmann

 ¦ Natrium nitricum

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3. REIHE DES PERIODENSYSTEMS ¦ 

SILIZIUMSERIE

immer erstmal, aber immer nur für eine kurze Zeit. Irgendwann

hat mein Mann dann gesagt: Nee, nee, so geht das nicht weiter,

du musst mal zum Arzt. (Sie beschreibt dann die medizinische

Vorgeschichte mit Diagnostik und Medikation.) Geholfen hat

es immer nur drei Monate, dann kam wieder ein Schub. Zum

Schluss haben sie dann Immunsupressiva gegeben. Das machte

aber meine Leber nicht mit. Alles abgesetzt.“ Danach hat sie

eine Reihe von alternativen Ansätzen von Akupunktur bis zu

Ernährungsstrategien versucht, alles ohne bleibenden Erfolg.

Symptomatik:

„Wenn es mir ganz schlecht geht, sind es bis

zu zwanzig Toilettengänge am Tag, morgens immer schon vier

bis sechs. Ich denk immer, als würde das, was ich am Tag zuvor

gegessen habe, in der Nacht herauswollen. Lange zu schlafen

geht da nicht. Da ist dann viel Luft und von der Konsistenz her

ganz unterschiedlich: schleimig, wässrig, klumpig. Im Moment

auch wieder blutig, aber das ist nicht immer so. (…) Manchmal

kommt auch mit der Luft richtig Wasser. Wie so ‘ne Kuh so (…)

Abends ist es ein bißchen besser; dann habe ich schon mal eine

halbe Stunde, um mir eine Toilette zu suchen. Morgens schaffe

ich das oft kaum bis zur Toilette, obwohl die direkt daneben ist,

so dringend und schnell will das raus. Dann muss ich rennen,

explosionsartig.“

Sein wie die anderen:

Das Schlimme daran ist? „Anders zu

sein, aufzufallen. Ich will so sein wie alle anderen. Ich will auch

nicht öfter zur Toilette müssen als alle anderen. Alle gucken, alle

starren.“ Wie ist es denn, anders zu sein? „Ich möchte das nicht,

möchte nicht auffallen. Ich möchte lieber so mit dem Strom mit

schwimmen. Ich will das haben, was alle anderen haben. Ich will

so sein wie alle anderen.“ Das heißt? „Unauffällig, ich mag das,

unauffällig zu sein. Wo ich das jetzt so sage: Ich bin auch gern

in Gesellschaft, erzähle laut und gerne Witze. Morgen gehe ich

zum ersten Mal in eine Karaoke-Bar. Da muss man ja auch vorn

auf die Bühne und so. Solange ich das wählen kann aufzufallen,

ist das für mich in Ordnung. Aber meine Krankheit habe ich mir

nicht ausgesucht, damit will ich nicht auffallen. Ich möchte nur

angenehm auffallen – wenn ich mit Durchfall rausrücke, ist das

was Unangenehmes. Da würde ich mich eher zurückziehen und

zum Beispiel zu einer Veranstaltung nicht hingehen, wenn ich

gerade in einem Schub stecke.“

Vom Durchfall bestimmt:

Was ist das für ein körperliches

Gefühl? „Panik kommt da hoch, dass nichts daneben geht,

dass ich nicht in die Hose mache. (…) Einschränkung – dass

ich Freiheit einbüße, die Freiheit zu sagen: Ich stehe auf und

gehe erstmal joggen. So wie es früher war. Ich fühle mich be-

stimmt vom Durchfall. Du stehst auf und gehst erstmal auf die

Toilette. Das stört mich schon. Ich bin halt

gezwungen

, auf die

Toilette zu gehen. Das stört mich am meisten, dass ich nicht

mehr bestimmen kann, was ich beim Aufstehen mache.“ Wie

ist das? „Schlimm. Ganz schlimm. Ich denke dann daran, wie

das früher war. Da wusste man das gar nicht zu schätzen, wie

schön das war. (…) Meine Art wäre freier zu sein. Ich habe

mir das auch so angewöhnt, das ist wie so ein Zwang, immer,

bevor ich das Haus verlasse, sitze ich erst auf der Toilette und

massiere den Darm, damit alles, was da noch ist, herauskommt.

Damit verschaffe ich mir etwas Zeit. (…) Was mich quält, ist,

dass ich immer an eine Toilette gebunden bin. Das ist egal, wo

und welche, ich setz’ mich auch in den Wald. Aber ich muss

mich entleeren. Ich hätte es gern so wie früher, dass ich einmal

morgens meine Lebensmittel loswerde, ich möchte nicht an

eine Toilette denken müssen. Die Toilette, also der Durchfall,

der bestimmt mein Leben!“

Ich kann nicht loslassen:

„Von den Materialien her bin ich

eher so ein Messie-Typ, ich kann ganz wenig wegschmeißen.

Ich kann nicht gut loslassen. Ich habe noch Dinge aus meiner

eigenen Kindheit, auch die Babysachen von meiner Tochter.

Was mir wichtig ist, das kann ich nicht abgeben oder spenden.

Ich hänge sehr an der Vergangenheit. Ich habe Angst, schöne

Zeiten und Erlebnisse zu vergessen.

Ich war auch nie allein, auch als Kind. Da waren immer meine

Geschwister da. Auch wenn meine Eltern mal weg waren. Ich

hätte nie allein sein wollen, aber das musste ich auch nie. – Ich

habe auch an Freundinnen immer geklammert. Ich hatte immer

eine. Die wechselten zwar, aber zu denen habe ich immer noch

Kontakt. Ich hatte als Kind und Jugendliche immer eine ganz

dicke, feste Freundin. So Urlaube, feiern gehen, alles geteilt,

alles erzählt. Das passt ja auch zu diesem: immer nur eine und

ständig.“

Ich kopiere meine Freundinnen:

„Ich bin damals aus dem

Elternhaus auch gleich mit meinem Mann zusammengezogen,

sodass ich nie im Leben mal richtig allein war. Ich bin so ein

Typ, ich kopiere auch schnell meine Freundinnen, will dann so

sein, will das so haben, will das so machen wie die. Wenn ich

mich beschreiben sollte, ich könnte tausend Worte sagen, aber

ob ich das wirklich bin, das weiß ich gar nicht.

Als Kind und als Jugendliche hatte ich immer eine Bezugsfreun-

din, mit der habe ich alles gemacht und wollte immer so sein,

wie die dann war. Wenn die die Haare kurz hatte, hatte ich sie

dann auch kurz, wenn sie ein neues Oberteil hatte, wollte ich

das auch. Dann hatte die einen festen Freund, dann wollte ich

das auch. Dann war die ihn wieder los, dann wollte ich meinen

auch loswerden. Und später mit den Kindern, da hat die ihr Kind

morgens gefüttert und dann alle drei Stunden, und dann habe

ich das genauso auch gemacht. Da habe ich gefragt, um wieviel

Uhr machst du das denn? Ja, ich mach das um eins. Dann habe

ich das auch um eins gemacht.“ Warum? „Das macht mich

sicher. Das gibt mir Sicherheit! (…) Erst später habe ich dann

mal gedacht: Du hast eigentlich nie etwas Eigenes gemacht,

nie auf deine eigene innere Stimme gehört.

Letztes Jahr war meine jüngste Tochter auf Klassenfahrt, und

was habe ich mir nicht alles vorher überlegt, was ich dann

machen könnte. Aber Sie glauben es nicht, ich habe die gan-

zen Tage nur dagesessen und vor mich hingestarrt. Ich konnte

nichts mit mir anfangen. Und als sie wieder da war? Da war

ich eigentlich glücklich und auch gleich wieder in dem Trott

drinnen. Das hat mich auch gefreut, dass ich wieder so in der

Familie drin war. Da fühle ich mich doch wohler.“